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290 ID Nachruf auf den Ritterkreuzträger Willi Hammerich
Vor wenigen Wochen verstarb am 21. November letzten Jahres unser heimatverbundener Schleswig-Holsteiner, unser guter Kamerad Willi Hammerich im 89. Lebensjahr. Ein trauriger Anlaß für uns und unsere Sektion Schleswig-Holstein in der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger, noch einmal die wichtigsten Abschnitte seines Lebens an uns vorüber ziehen zu lassen.
[imagebox=http://www.mgs-del.de/temp/Hammerich2.jpg]Willi Hammerich wurde am 17.12.1921 in Fleckeby im Kreis Eckernförde/Schleswig-Holstein als Sohn eines Landwirtes geboren.
Er besuchte zunächst die Volksschule in Fleckeby, später dann die Aufbauschule in der Kreisstadt Rendsburg. Sein außergewöhnlicher Fleiß sowie seine fabelhaften Zeugnisse verschafften ihm seinerzeit dort schon so manche Auszeichnung, besonders aber, und das war damals ja unglaublich wichtig, einen Freiplatz an der Schule, die er mit der Reifeprüfung abschloß.
Schon früh war für Willi Hammerich die Entscheidung für die berufliche Orientierung in Richtung höhere Forstlaufbahn gefallen.
Am 1.10.1940 jedoch meldete er sich inzwischen 18 jährig freiwillig zum Militärdienst in der Wehrmacht im Infanterie-Ersatz-Bataillon 220 in Rendsburg/Schleswig-Holstein.
Nach seiner Grundausbildung und verschiedenen Lehrgängen, die damals häufig in Dänemark stattfanden, wurde er von Beginn an beim Feldzug gegen die Sowjetunion eingesetzt. Mit der 290. ID verlegte er in der ersten Märzhälfte 1941 mit seiner Einheit in den Raum Graudenz/Ostpreusen. Von hier aus rückte sein Regiment bis Mai vor an die Memel und zog ab Mitte Juni im Grenzforst bei Wischwill unter. So marschierte Hammerich gleich am ersten Tage mit der 290. ID (der sogenannten „Norddeutschen-ID“) über die Ostgrenze des Reiches, ab 1.7.1941 dann schon als Gefreiter. Befehlsgemäß überwandt die Division die russischen Grenzposten und Hammerich folgte mit seinen Kameraden dann den vorstoßenden schnellen deutschen Verbänden. So wurden innerhalb von knapp zwei Wochen Litauen und Lettland durchquert, durchweg auf beschwerlichen Wegen. Aber das war nur ein leichter Vorgeschmack dessen, was Willi Hammerich mit seinem Regiment noch erleben sollte. Jenseits der lettischen-russischen Grenze wurde der gegnerische Widerstand sehr viel stärker. Trotz alledem konnten die Erdbefestigungen der Stalinlinie nach überaus hartem Kampfe genommen und durchstoßen werden. Jedoch formierten sich inzwischen die im Sturmlauf überrannten russischen Truppen neu und setzen sodann ihrerseits den Kampf hinter der Hauptkampflinie, hinter den zunächst erfolgreichen Sturmdivisionen fort. Deshalb mußten sich nicht nur die Marschkolonnen mit Willi Hammerich ständig sichern und zusätzlich auf unglaublichen Dämmen und Pfaden die Sümpfe und Wälder abseits der Wege durchkämmen. Immer in den vordersten Linien mit eingesetzt, wurde Hammerich schon am 1.9.1941 das Infanterie-Sturmabzeichen in Silber verliehen.
In den bedingungslos harten Kämpfen um die Bunker und Feldbefestigungen vor Staraja Russa erlitten beide Seiten, die Deutschen und die Sowjets, überaus empfindliche Verluste. Das Deutsche Reich konnte diese Verluste jedoch nicht mehr, oder nur noch unzureichend ergänzen. Zudem entstand noch vor der Erstürmung Staraja Russas eine ziemlich bedrohliche Lage. Denn starke russische Kolonnen und Brigaden drohten den geplanten Einschließungsring der Division zu umfassen.
Bereits am 16.11.1941, bei den Kämpfen um Dünaburg, wurde Hammerich verdientermaßen mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet.
Nach der Genesung von einer erneuten, schweren Verwundung (er war Träger des Verwundeten-Abzeichen in Silber) besuchte er die Kriegsschule und wurde am 1.10.1942 zum Leutnant befördert.
Ab Mitte Februar 1943 zog sich Willi Hammerich mit seiner Kompanie und die 290 ID mit ihren Nachbarn, obwohl äußerst heftig vom Gegner bedrängt, planmäßig aus dem Kampfraum Demjansk zurück. Die 290er wurden nun zwecks Auffrischung nach Dedowitschi (südlich Dno) verlegt.
Nach der Schlammzeit im Frühjahr kündigte sich eine ausgedehnte russische Offensive gegen den Nordpfeiler der Ostfront an. Die Division mit Willi Hammerich bezog deshalb Stellung südlich des Ladogasees. Die Ssinjawinohöhen, Elektroschneise, Wenglerkopf waren allen Überlebenden mit ihren entmenschten Bildern des erbitterten Kampfes in einer gnadenlosen Sumpf- und Mückenlandschaft in Erinnerung geblieben. In den vier Monaten der 3. Ladogaschlacht büßte die 290. ID sage und schreibe mehr als ein Drittel ihres Bestandes ein!
Wegen besonderer persönlicher Tapferkeit wurde Willi Hammerich am 1.2.1943 zum Oberleutnant befördert. und am 7.11.1943 mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet.
Sein nicht nur in seinem Bataillon schon sprichwörtlich bekannt gewordenes Glück und Überlebensgeschick begleitete ihn auch fortan in vielen Nahkämpfen. Nach mehr als 30 nachgewiesenen Nahkampftagen Mann gegen Mann wurde ihm als besondere Auszeichnung die Nahkampfspange in Silber verliehen.
Inzwischen bekleidete er den Dienstgrad eines Oblt.d.R. und er war Chef der 4. (M.G.)/Gren.Rgt. 501 in der 290. ID.
Im Oktober-November 1943 wurden die wenigen Ersatz- und Nachschubeinheiten für die Nordfront, so wie sie mit der Reichsbahn ankamen, am Südflügel der Heeresgruppe Nord ohne lange Aufmärsche und Paraden in den Kampf geworfen. Die russischen Einheiten waren nämlich inzwischen bei Newel durchgebrochen. Aber trotz der mehr als erdrückenden Übermacht, vor allem auch an schweren Waffen, gelang ihnen nicht der geplante Durchstoß bis ins Baltikum, bis an die Ostsee. Aufgrund der Kräfteverhältnisse mußte aber die Nordfront der deutschen Wehrmacht auf die vorbereitete sogenannte Pantherlinie zurückgenommen werden. Als Krönung für seine Tapferkeit in den überaus harten Kämpfen im Nordabschnitt der Ostfront, u.a. im Kessel von Demjansk, am Ladogasee, bei Newel und Nowgorod, sowie besonders in Kurland erhielt Willi Hammerich am 9.12.1944 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Aufgrund dessen wurde er auch noch mit Wirkung zum 1.12.1944 zum Hauptmann d.R. befördert. Für Willi Hammerich war es eine ganz besondere Freude, daß sein Bruder Johannes, der in der gleichen Division mit ihm ins Feld gezogen war, bei der feierlichen Verleihung dabei sein konnte und ihm als erster gratulieren durfte.
Eine Verbindung zur Heeresgruppe Mitte bestand schon lange nicht mehr. Auch der Landweg nach Ostpreußen war durch russische Einheiten abgeschnitten. Die Heeresgruppe Nord und mit ihr die 290. ID mit Willi Hammerich wurde immer weiter auf den kurländischen Raum zusammengedrängt. In den furchtbaren sechs Kurlandschlachten (20.10.44 bis 31.3.45) wurde der Raum zwar immer enger, aber er wurde trotzdem gegen allen Widerstand gehalten, bis zum 9.5.1945, bis zur Kapitulation der Deutschen Wehrmacht.
Aus dem besagten Kurland-Kessel wurde Willi Hammerich schließlich doch noch kurz vor Kriegsende aufgrund einer erneuten sehr schweren Verwundung, die ihn sein eines Augenlicht kostete, in ein Lazarett bei Flensburg ausgeflogen. Hier erlebte er auch das Kriegsende – schwer verwundet zwar, aber lebendig!
Nach dem Kriege wurde Willi Hammerich ohne Kriegsgefangenschaft aus dem Lazarett entlassen. Nach ungezählten Verwirrungen, so wurde ihm z.Bsp. zunächst widerrechtlich die Reifeprüfung aberkannt, begann für ihn dann doch der Neuanfang mit dem Studium der Mathematik und Physik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Willi Hammerich wurde schließlich Lehrer, zuletzt Studiendirektor am neusprachlich-mathematischen Max-Planck-Gymnasium der Stadt Kiel. Hier bekleidete er bis zu seiner Pensionierung 1984, für ihn selbstverständlich, neben dem oft nerven- und kräftezehrenden Unterricht immer auch zahlreiche Ehrenämter und Positionen in der schulischen Selbstverwaltung. So war er zum Beispiel auch über viele Jahre hinweg Leiter der Mittelstufe an seinem Gymnasium.
Für mich war es stets eine ganz besondere Freude und Ehre, meinen damaligen Mathe- und Physiklehrer auch in diesem Kreise wieder aufgefunden zu haben. Als sein Sektionsleiter der Sektion Schleswig-Holstein in der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger besuchte ich ihn noch des öfteren und erinnere mich auch gern an viele interessante Gespräche und Telefonate mit ihm.
Nicht nur die Sektion Schleswig-Holstein in der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger verlor mit Willi Hammerich einen treuen und guten Kameraden.
Wir werden ihm in unseren Reihen stets ein ehrendes Andenken bewahren.
Wir senken in Gedanken die Fahne seines Regimentes sowie den Degen und verneigen uns vor ihm.
Wir gaben Willi Hammerich mit einer Abordnung seiner Sektion das letzte Geleit. Wir ehrten ihn auch im Auftrag der OdR und legten an seinem Grabe bei seiner Bestattung einen Kranz nieder.
Unser Mitgefühl gilt seiner Familie, besonders aber seiner lieben Frau Lisa Hammerich.
Ein Beitrag von Thorolf Wellmer Sektionsleiter der Sektion Schleswig-Holstein der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger.